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congestions |
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Die Fotoserie congestions untersucht die Auswüchse des urbanen motorisierten Individualverkehrs und seinen Effekt auf Stadtentwicklung. Befragt wird nicht nur der Status Quo selbst, sondern auch die Art unserer Wahrnehmung, die sich über Jahrzehnte der Ideologie einer autogerechten Stadt angepasst hat – einem Denkmodell, das von der Realität längst widerlegt ist und dennoch weiter perpetuiert wird.
Jedes der Bilder zeigt eine innerstädtische Kreuzungssituation, in der die Masse der Fahrzeuge durch Überblendung mehrerer Einzelaufnahmen aus identischer Kameraperspektive künstlich verdichtet wurde. Auch wurden alle Passanten entfernt.
Das daraus resultierende „gefälschte“ Bild entpuppt sich jedoch als wahrhaftigere und präzisere Wiedergabe urbanen Verkehrs, als ein simpler Schnappschuss jemals sein könnte – ein Kondensat dessen, was in unserem automotiven Lebensstil im Argen liegt.
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Zusätzlich fungiert ein Seitenprojekt als Gegenstück und introvertierter Zwilling des „congestions"-Projektes. Es bildet die selben Locations ab, diesmal jedoch sind alle Fahrzeuge entfernt. Der eigentliche Charakter der Orte wird freigelegt – es sind Flecken urbanen Brachlandes.
Statt Brennpunkte des Quartierslebens sind diese Plätze zu asphaltierten No-Go-Bereichen im Herzen der Stadt geworden. Den Anwohnern wird jede Aneignung verwehrt, ihnen bleibt nur, sich vorsichtig entlang der Fußgängerüberwege um den Platz herum zu bewegen, im Takt der Ampelschaltungen.
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migration und projekt "flucht" |
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Ohne Titel, Acryl 100x100, aus der Serie "Flucht"
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"Ich zeige hier mehrere Arbeiten
aus einer Serie von Malereien mit dem Arbeitstitel Flucht. Es sind großformatige
Einzelportraits von Geflüchteten, die allerdings über eine zusätzliche Ebene zustande
gekommen sind:
Da es mir einerseits wichtig war, mit authentischem Material zu arbeiten,
andererseits ich aber der voyeuristischen Ausbeutung von Einzelschicksalen keinen Raum geben wollte,
habe ich für jedes einzelne Motiv Originalfotos jeweils mehrerer unterschiedlicher
Flüchtender überblendet zu einer neuen, virtuellen und dennoch authentisch
begründeten neuen Person."
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"Einige Jahre meiner Kindheit
verbrachte ich in Asien und Afrika. Den Kindergarten besuchte ich in Tokio.
In Sierra Leone an der afrikanischen Westküste lebte ich als Grundschüler Mitte der 70er Jahre und lernte dort
eines der ärmsten Länder aus nächster Nähe kennen. Solche Erfahrungen
als Kind zu machen, wird dich dauerhaft prägen -
auch nach der Rückkehr auf den reichen Heimatkontinent..."
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"Interkulturalität war dort Normalität - der Alltag mit Kindern
nicht nur aus Sierra Leone, auch aus Indien, dem Libanon, England, Bangla Desh, Norwegen, den USA...
Deutsche und Deutsches hingegen gab es kaum. Es wurde Englisch gesprochen, gelesen, gespielt, gedacht und geträumt."
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"Zurück in Deutschland
gelang die Immersion ins Vertraute, Heimatliche zunächst wie selbstverständlich.
Erst mit zunehmendem Alter wurde mir bewusst, dass ich etwas mitgebracht hatte, was ich mit
niemandem teilen zu können schien. Und nochmals viel später erst begann ich zu verstehen,
wie weit diese Erfahrungen bereits meine Persönlichkeit mitgeformt hatten, sich dauerhaft
in meine DNA eingeschrieben hatten."
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"Der ideologische Beton, der dem Diskurs über Migration heute weitgehend die Bewegung raubt,
dieser Beton begann spätestens seit den Neunziger Jahren erkennbar abzubinden.
Heute sind die Positionen beiderseits der Mitte längst im Beharren auf dogmatisch festgezurrte
Maximalpositionen erstarrt, und die Verrohung, die sich über die einstmals sozialen Medien eingestellt hat,
nimmt dem Dialog zusätzlich den Atem. Als nativer Deutscher mit eigener Migrationserfahrung
gehöre ich einer Minderheit an, die niemand auf dem Schirm hat und deren differenziertes eigenes
Erleben von Interkulturalität in den ideologischen Grabenkämpfen keinen Platz hat, da sie
zwangsläfig an Dogmata rütteln muss, auch an den wohlmeinenden."
"Oft führt der einzige Weg in die innere Emigration."
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"Zur Rezeption der ausgestellten Arbeiten
möchte ich keine Vorgaben machen. Mein eigener Standpunkt drückt sich in der
Neutralität der Darstellung aus, die sich explizit dagegen wehrt, einseitig von
unterkomplexen randständigen Denkmodellen vereinnahmt zu werden, sei dies nun
kategorische Ausländerfeindlichkeit oder kritiklose Zuwanderungseuphorie.
Für diejenigen, die sich ernsthaft darauf einlassen möchten, habe ich aber einen Vorschlag.
Mein Wunsch wäre, der Betrachter möge zunächst seine Beziehung zum dem dargestellten
Gegenüber ergründen - um dann versuchsweise eine Gegenposition einzunehmen, an einer
anderen Stelle des gesellschaftlichen Koordinatensystems.
Wer eine skeptische oder gar ablehnende Haltung mitbringt, könnte versuchen, sein Potential
an Empathie gegenüber diesem anderen Menschen freizulegen. Es ist möglich und ein lohnenswerter
Versuch.
Umgekehrt müsste ein dezidiert migrationsfreundlicher Betrachter einmal diesem fremden Menschen
nachspüren, der unter Umständen Wertesysteme mitbringen wird, die mit den eigenen nur schwer
in Einklang zu bringen sind - und der möglicherweise auch ihn selbst, den Betrachter,
ablehnen wird, vielleicht wegen dessen unverständlich dekadenten westlichen Lebensstils,
vielleicht aufgrund von Religion oder sexueller Orientierung."
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ehrgeiz |
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Ehrgeiz ist ein interessanter Begriff, da er viel über die Motivation des
Betreffenden aussagt, aber wenig bis nichts über den mit diesem Antrieb
verbundenen Erfolg oder Misserfolg.
Die hochauflösenden Produktionsstrukturen und Verwertungsketten unserer arbeitsteiligen Gesellschaft
haben es allerdings mit sich gebracht, dass der Erfolg oft unmittelbar an Statusindikatoren
und -symbolen ablesbar ist, nicht jedoch das Ausmaß der zugrunde liegenden
Anstrengungen, Mühen und Schmerzen.
Die Holzschnittserie Ehrgeiz rührt an einen archaischen Zustand, in dem
dies noch umgekehrt ist: zwar sind die Mühen deutlich ablesbar, sagen jedoch nichts
über den Erfolg aus. Die Motive zeigen Kampfsportler nach dem Turnier. Die zerschlagenen,
blutenden Gesichter lassen keinen Rückschluss zu, ob wir einen Sieger oder einen
Besiegten sehen. Sie sprechen einzig von der Bereitschaft zum unbedingten mentalen und
körperlichen Einsatz.
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memento mori |
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Das Motiv des Memento Mori als mahnende Erinnerung an die Vergänglichkeit
des Lebens zieht sich durch die Epochen der bildenden Kunst.
Dieses Projekt behandelt das Thema eher diskret in Aufnahmen von
Blüh- und Blattpflanzen. Gezeigt werden Auszüge aus einer größeren Fotostrecke.
Das Spektrum reicht von ersten Anzeichen des Dahinwelkens bis zu
fortgeschrittener Zersetzung. Insbesondere in den frühen Stadien des
Verblühens spielt das Projekt mit der konventionellen Anmutung der
Pflanzenfotografie als Domäne des Idealisierten, Dekorativen,
manchmal auch Kitschigen – in die sich jedoch als sanfte Irritation
erste Zeichen des Verfalls mischen. In anderen Motiven ist der Tod
bereits unumkehrbar manifest. Stets jedoch bewahrt die Natur auch
im Sterben ihre Würde. Die Fotografie bewertet nicht, sucht lediglich
in jedem Motiv die Komposition zu finden, die die Harmonie im Vergänglichen
zur Geltung zu bringen vermag.
Der Künstler selbst widmet einen kleinen Teil seiner Zeit
der ehrenamtlichen Tätigkeit in einem Augsburger Hospiz.
Wenngleich er sich dort überwiegend im Büro aufhält
und sich so seines komfortablen Sicherheitsabstands durchaus bewusst ist,
hat er doch Woche für Woche Anlass, sich der Thematik des Sterbens zu stellen,
letztendlich auch der eigenen Vergänglichkeit.
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80s |
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Die Motive dieser einfarbigen Holzschnittserie beruhen überwiegend
auf privaten Fotos aus den Achtziger Jahren. Die Druckplatten
wurden nicht nur mit den üblichen Holzmessern bearbeitet, sondern auch
mit Drahtbürste und Beil. Hierdurch entstehen, der Monochromie zum Trotz,
Schattierungen und Zwischentöne.
Zudem unterläuft die Bearbeitung mit dem groben Werkzeug die Präzision
der Klingen, die Konturen verlieren an Bedeutung, Unschärfen entstehen.
Zufälliges, manchmal auch Ungewolltes, Unerwünschtes ereignet sich - vielleicht eine
Aufforderung, das Werk loszulassen und ihm ein Eigenleben einzuräumen.
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Foto: Frauke Wichmann
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Gerald Bauer wuchs in Oberbayern, Japan und an der afrikanischen Westküste auf.
Nach Abitur und Zivildienst studierte er Architektur an den Universitäten
Kaiserslautern und Darmstadt. Im Hauptstudium belegte er dabei auch Kunstgeschichte
mit den Schwerpunkten französische Malerei des 19. Jahrhunderts sowie US-amerikanische Kunst
nach 1945.
Neben fast vier Jahrzehnten praktizierter Malerei in Öl und Acryl war er früher auch periodisch
als Musiker deutschlandweit auf kleinen und großen Bühnen unterwegs.
Daneben war er journalistisch und belletristisch tätig, mehrere seiner Kurzgeschichten
wurden in verschiedenen Publikationen veröffentlicht.
Seit den letzten zehn bis fünfzehn Jahren konzentriert er sich vorwiegend auf die bildende
Kunst und ist im bayerisch-schwäbischen Raum regelmäßig auf Gruppen- und
Einzelausstellungen vertreten.
2013 erhielt er den Kunstförderpreis der Stadt Neusäß.
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Besucherinformationen |
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Die Ausstellung wird ausgerichtet vom Kulturkreis Neusäß e.V.
in Kooperation mit der Stadt Neusäß.
Galerie im Rathaus
Hauptstraße 28, 86356 Neusäß
Dauer: 07. März bis 19. April 2018
Öffnungszeiten:
Montag bis Donnerstag: 08:00 - 17:00 Uhr
Freitag: 08:00 - 12:00 Uhr
Der Eintritt ist frei.
Barrierefreier Zugang und Aufzug zum 1. OG
Parkmöglichkeit in der rathauseigenen Tiefgarage.
Alternativ Anfahrt mit ÖPNV,
z.B. von Augsburg Hbf bis Bahnhof Neusäß (2 Stationen, 7 Minuten)
mit AVV-Ticket im Bahn-Nahverkehr,
vom Bahnhof zu Fuß ca. 3 Min. bis zum Rathaus
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© Gerald Bauer 2018
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Zum Impressum auf der Hauptseite geraldbauer.com
gelangen Sie mit
diesem Link →
(öffnet neues Fenster)
Zusätzlich zu den Kontaktdaten finden Sie auf der Website eine Fülle von Hintergrundinformationen:
Werkabbildungen, Termine, biographische Angaben, Konzepttexte, Videos, Presseverzeichnis u.a.
Vielen Dank für Ihr Interesse.
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